
Bittere Jahresbilanz: Rechte Gewalt auf Höchststand
Täglich werden in NRW mindestens zwei Menschen Opfer rechter Gewalt
von Judith C. Vogt – aus aktuellem Anlass zum Anschlag auf das Restaurant Maharaja in Aachen
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen 2024 auf das Anderthalbfache gestiegen, so belegt es die Jahresbilanz rechter Gewalt der beiden Opferberatungsstellen NRW für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt – die OBR (Opferberatung Rheinland) und Back Up NRW. Die beiden Organisationen teilen sich die Beratung in NRW auf – dabei ist die OBR in aufsuchender Beratung für das Rheinland und somit auch für Aachen zuständig.
Spürbare Enthemmung bei Gewalttaten
265 Körperverletzungen, zwölf Brandstiftungen und acht Todesopfer dokumentiert der Bericht für 2024 – insgesamt sind bei 526 Angriffen 728 Menschen direkt betroffen gewesen. Noch nie gab es in NRW so viele Tote durch rechte Gewalt wie im vergangenen Jahr. Dabei ist Rassismus das am häufigsten registrierte Tatmotiv. Vor allem die Gewalt gegenüber Schwarzen Menschen ist konstant hoch und physisch brutal. Angriffe gegen Muslim*innen sind angestiegen, ebenso antisemitische Straftaten und Attacken auf queere Menschen und politische Gegner*innen. Besonders alarmiert sind die beiden Beratungsstellen von der Gewalt gegen wohnungslose Menschen – denn diese wurden oft schlafend attackiert, ein Zeichen von zunehmender Enthemmung der Gewalt im öffentlichen Raum.
»|wirklich Aachen sprach mit Fabian Reeker, Projektleiter bei der OBR, über die Zahlen, die die beiden Beratungsstellen seit 2017 jährlich aus mehreren Quellen zusammentragen und auch in die bundesweite Statistik einspeisen. Erfasst werden Fälle, die von vornherein eine Zuordnung als rechtsmotiviert finden, und auch – anders als bei den Zahlen des Innenministeriums – die, die erst im Laufe des Verfahrens als rechtsmotiviert eingestuft werden. Die Erfassungskriterien der Beratungsstellen gehen über die der Polizei hinaus, wodurch bei jedem Jahresbericht die zivilgesellschaftlich erfassten Zahlen höher sind als die polizeilich erfassten. Die Opferperspektive wird von den Beratungsstellen stärker in den Blick genommen, zudem werden auch Fälle in die Statistik aufgenommen, bei denen keine Anzeige erfolgt ist. „Wir gehen auch journalistischen Hinweisen nach, fragen in den Communities nach, beziehen rechte Beleidigungen während einer Tat mit ein sowie weitere Informationen zur Verortung der Täter*innen. Dabei gleichen wir die Fälle aber immer mit den Daten der Polizei ab, um Dopplungen zu vermeiden.“
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